Eine kleine Geschichte des Schachproblems
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Nr. IX Josef Pospisil Humoristické listy 1887 |
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bietet praktisch alle reinen und ökonomischen Mattstellungen, die mit dem gewählten Figurenmaterial überhaupt möglich sind: 1. Ld8! (drohend 2. Kb7 3. Lb6#, 2.... d5 3. Le7#) Sc3 2. Dd4+ Kxd4 3. Lb6#, 1. ... axb5 2. Da7+ Kb4 3. La5#, 1.... Sd2 2 Dxa3+ Kxb5 3. La4#. Die erste, durch das hübsche Damenopfer hervorstechende Variante herauszulassen, würde einem böhmischen Autor nicht im Traum einfallen, obwohl es ihm hier wesentlich und in erster Linie auf die Beziehung zwischen den Schlußstellungen der zweiten und dritten Variante ankommt: auf die Wiederholung des gleichen Mattbildes an anderer Stelle des Brettes, die sogenannte Echowirkung.
Hierin offenbart sich etwas sehr bemerkenswertes. Das makellose Mattbild, als Ausdruck des Ökonomieprinzips bis dahin zumeist nur zur Ausschmückung und dazu benutzt Wichtiges von Unwichtigem abzuheben, erhält eine neue Funktion - nämlich die, als Teil eines ganzen Mattbilderkomplexes mitzuwirken an dem sinnlichen Eindruck einer "ornamentalen Konfiguration" (Vladimir Pachman). Nicht aber diese Ornamentik selber ist für den Böhmen das Entscheidende, sondern die unerwartete Art ihres Entstehens aus dem harmonischen Zusammenspiel der weißen und schwarzen Kräfte. In diesem Stil zu schaffen, möglichst noch unter Wahrung einer eigenen persönlichen Note, erfordert hohes technischen Können und ausgeprägtes Formgefühl. M. Havel, der 1958 verstorbene Meister und glänzendste Repräsentant der Böhmischen Schule, besaß beides in ungewöhnlichem Maße. Nr. X
Nr. X Miroslav Havel Natal Mercury 1911 1. Preis |
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1. Tg2 Kd5 2. De8 1. ... Kd7 2. Tg7+ 1. ... Kf5 2. Dc8+
gibt ein Beispiel seiner vollendeten Beherrschung des Stoffes. Eines freilich kommt bei
Problemen dieses Typus gemeinhin zu kurz: das dynamische Element die Wirkung
ungewöhnlicher schachlicher Kausalzusammenhänge, die "strategische Idee". Dr.
Emil Palkoska war es, der bewies, daß dies nicht unbedingt so sein müsse, und der in
Theorie und Praxis dafür eintrat einen profilierten strategischen Gedanken zur Grundlage
auch der böhmischen Aufgabe zu machen - selbstverständlich unter Beachtung der von der
Schule entwickelten strengen Prinzipien hinsichtlich der Ökonomie der Mattbilder und des
Aufwandes an Figurenkraft Zeit und Raum. Nr. XI
Nr. XI Emil. Palkoska Neue Leipziger Zeitung1926 1. Preis |
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1. Sf8 c6 2. Sd7 Lxd7 3. Ke2 4. g3#
1. ... d5 2. Se6+ Lxe6 3. Ke2 4. g3#
zeigt eine solche böhmische Behandlung eines strategischen Motivs; es ist die erzwungene
Sperre von Läuferlinien durch Bauern.
Dr. Palkoska fand Zustimmung und Gefolgschaft, aber auch Ablehnung. Viele meinten, die
Verbindung von strategischen und Mattbildeffekten erzeuge einen Bastard. Auf der einen
Seite waren es Anhänger der klassischen böhmischen Richtung, die so urteilten, auf der
anderen Verfechter des sogenannten neudeutschen ldeenproblems. Dessen Entwicklung begann
kurz nach der Jahrhundertwende mit einem regelrechten Aufruhr gegen die im
deutschsprachigen Kulturbereich bis dahin maßgebenden Anschauungen Bergers über
"Das Schachproblem und dessen kunstgerechte Darstellung" (so der Titel seines
1884 herausgegebenen Buches). Ausgelöst wurde der bald heftig entbrennende Meinungsstreit
durch Arthur Gehlerts Schrift "Über das Wesen des Schachproblems" und die
berühmte Studie von Johannes Kohtz und Carl Kockelkorn über "Das Indische
Problem" (beide 1903 erschienen).
Worum ging es? Einige klarsichtige Köpfe hatten erkannt daß Bergers
"Kunstgesetze" keineswegs aus dem Wesen der Kunst oder auch nur des
Schachproblems hergeleitet, sondern lediglich als die Regeln einer individuellen
Kompositionstechnik aufzufassen waren und daß diese Regeln - geltend gemacht mit einem
ungerechtfertigten Ausschließlichkeitsanspruch - das freie Schaffen unnötig einengten
und die Evolution des Schachproblems fühlbar behinderten. Man besann sich auf die großen
Entdeckungen des 19. Jahrhunderts, auf Lovedays "kritischen Zug" (Nr. XlI)
Nr. XlI Henry Loveday The Chess Player's Chronicle 1845 |
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1. Lc1 b4 2. Td2 Kf4 3. Td4# (Der Ur-Inder)
(Die ursprüngliche Fassung von Loveday hatte einen zusätzlichen schwarzen Bauern auf b6
und war vierzügig und war nebenlösig.)
die Schnittpunktkombinationen Nowotnys und Plachuttas (Nr. XIII und XlV),
XIII Anton Nowotny Leipziger Illustrierte Zeitung 1854 |
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1. Tf5 Tf8 und jetzt die Erstdarstellung der gleichzeitigen Linienverstellung zweier schwarzer Ungleichschrittler durch Weiß 2. Lf6 =Nowotny-Verstellung
XlV Josef Plachutta Leipziger Illustrierte Zeitung 1858 |
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1. Df3 Sxc5. und die Erstdarstellung der gleichzeitigen
Linienverstellung zweier schwarzer Gleichschrittler durch Weiß: 2. Tg7 =
Plachutta-Verstellung 2. ... Thxg7 3. Dg3+ Txg3 4. Lc7# 2. ...Tgxg7 3. Lc7+ Txc7 4. Dg3#
Frank Healeys kühnen Bahnungsgedanken (Nr. XV),
XV Frank Healey Bristol - Turnier 1861 1. Preis |
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