Eine kleine Geschichte des Schachproblems
1. Fortsetzung

Essay von Herbert Grasemann aus Problemjuwelen 1964

Nr. IV mag als Beispiel dienen:

Nr. IV Conrad Bayer
Britisches Turnier 1867
1. Preis








#3

Von den Nebenvarianten 1. Dh5 Kxe8 2. Lf5+ Kd8 3. Lc7 1... Lxe4 2. Dxf7 Kxd6 3. Dd/e5 und dem Drohspiel 1. ... bel Lc6+ Kxd6 3. Dd5# hebt sich als Haupt- und Ideevariante 1. ... Lxh5 2. Le7! mit dem wiederum stillen zweiten Zug und den daraus entsprießenden kleineren Verästelungen deutlich ab. Alle diese Möglichkeiten muß der Löser wohl oder übel genau durchanalysieren, bevor er den Sinn des Schlüsselzuges erkennen kann und die Lösung als richtig bestätigt findet. Durch den Grazer Johann Berger (Nr. V),

Nr. V Johann Berger
Düsseldorfer
Schachkongress 1863
1. Preis








#4

1. Da8 (2. Sg4+ Ke4 3. Dxb7#) Sxc5 2. Te3+ Sxe3 3. Lxd4 Kxd4 4. Da1#
den einflußreichen Redakteur der ,,Deutschen Schachzeitung", wird später diese typische Art zu komponieren verfeinert, unentwegt praktiziert und propagiert am Ende gar kodifiziert, bis sie fast zur Manier erstarrt. Höhepunkt aber und zugleich Abschluß der großen Epoche des analytischen Variantenproblems der sogenannten alten deutschen Schule stellt das Werk des Stuttgarters Philipp Klett dar. Einem Löser von heute ist einfach nicht zuzumuten, sich mühsam durch das Variantengestrüpp zum Beispiel der Nr. VI

Nr. VI Philipp Klett
Akad. Monatsheft
f. Sch. 1897








#4

1. Da8 (droht 2. Dc6+ Kf5 3. Kd7) Th4 2. Sg4 Kf5 3. Sxg3+ 
hindurchzuarbeiten. Nicht weil der gewiß recht hohe Schwierigkeitsgrad seine Fähigkeiten überstiege, sondern weil hier weniger die Tiefe der Kombination als vielmehr ihre zähflüssige Breite das Hindernis ist das zu überwinden unangemessen viel Zeit kostet Für das Gebotene einen solchen Preis zu zahlen, ist kaum mehr jemand geneigt.

Wer auch hätte heute so gute Nerven, daß er am Konstruktionsbrett bei der Zähmung derartig vielgliedriger Ungeheuer die rechte Freude empfinden könnte? So nimmt es nicht wunder, daß das im Hauptspiel mattreine Variantenproblem bei anderen, etwa bei Adolf Bayersdorfer, später bei Dr. Hermann von Gottschall (Nr. VII),

Nr. VII Hermann
von Gottschall
Deutscher
Schachbund1925
1. ehrende Erwähnung








#3

1. Lh5 (2. Dh1+) Te3 2. Db5+ Ke4 3. d5 1. ... Kc6 2. Db5+ Kxb5 3. Le8 1 ... Lxf4 2. Dh1+ Txh1 3. Lf3#
Ferdinand Möller und Otto Fuß wieder leichter zugänglich, spritziger, beschwingter, weniger robust und schwerblütig - kurzum: anziehender ist. Des Schaffenden wie des Nachspürenden Mühe entspricht der Lohn; man vergleiche Nr. VIII.

Nr. VIII Otto Fuß
Gudehus-
Jubiläums-Turnier 1932
2. ehrende Erwähnung








#3

1. a3 (droht 2. Dd7+ Kc4 3. Sa5) 1. ... Sd3 2. La2+ Ke4 3. Sd6# 1. ... Sf5 2. La2+ Ke4 3. Sd6# 1. ... Kxe6 2. La2+ Kf5 3. Sd6# 1. ... Lxe6 2. Db5+ Kxd4 3. Dc5#
Einen weiteren Vorteil bietet dieser Stil: Er erlaubt das Prinzip der Mattökonomie auf mehrere Varianten anzuwenden. In den Abspielen einschließlich der Drohung ergeben sich Schlußstellungen, in denen alle weißen Offiziere (der König ausgenommen) am Matt mitwirken, und jedes mögliche Fluchtfeld ist dem schwarzen König nur aus jeweils einem einzigen Grunde verwehrt.

 

Home weiter