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Todesanzeige im Mannheimer Morgen 30/08/2014

Hans Selb Ästhetik und Ornamentik im Schachproblem - Themen in Zyklusform (Band IV der Editions feenschach-Phenix Paperback., Aachen 2000, 224 Seiten 30.DM
zu be-stellen bei bernd ellinghoven, Königsstr.3, D-52064 Aachen
Am Ende des Buches be-findet sich ein leicht veränderter Nachdruck der Broschüre von Themen in Zyklusform.

Der Autor gibt folgende Erläuterungen zu seinem Buch.

Erläuterungen zu meinem Buch Ästhetik und Ornamentik im Schachproblem von Hans Selb, Mannheim
Ursprünglich hatte ich als Titel "Mein Lebenswerk" vorgesehen. Damit wäre der Inhalt vollständig erfasst gewesen. Andererseits hätte dieser Titel absolut nichts über das, worauf es mir ankommt, ausgesagt und zudem den Eindruck erweckt, dass nichts Wesentliches mehr nachfolgt. Nach langem Abwägen habe ich mich daher für obigen Titel entschieden, der zwar, wie mir klar ist, falsch interpretiert werden kann, der aber wenigstens einen Teilaspekt von dem, was mir wichtig ist, veranschaulicht. Um Missverständnisse auszuschließen, habe ich dann einen umfangreichen Untertitel hinzugefügt.
Zum Begriff Ästhetik gehören nach meiner Auffassung

1. gedankliche Harmonie und thematische Einheitlichkeit oder (gegebenenfalls auch und)

2. Ökonomie der Mittel und Mustermatts oder sogar Idealmatts.

In der Statistik des Buchs sind zahlreiche Beispiele für beide Punkte zusammengestellt (unter Ästhetik und Mustermatts).

Der Begriff Ornamentik lässt sich am besten anhand von Diagrammen erläutern. Dazu erst einige Vorbemerkungen.

Unter den 192 Diagrammen, die ich in meine Auswahl aufgenommen habe, befinden sich 30 Neufassungen und 21 Variationen aus den Jahren 1993-2000. Das bedeutet, dass etwa jede 4. Aufgabe überarbeitet worden ist. Eine Variation liegt vor, wenn die Stellung nur geringfügig verändert worden ist und sich an der Lösung nichts Wesentliches geändert hat, aber doch in bestimmter Hinsicht eine bessere Fassung gelungen ist. Eine Neufassung dagegen liegt vor, wenn wesentliche Veränderungen erfolgt sind bis hin zu einem vollständigen Umbau der gesamten Stellung.

Um die folgenden vier Vergleiche zwischen Originalfassung und Bearbeitung zu verstehen, muss noch der Begriff der Teilsymmetrie geklärt werden, den ich zum ersten Mal auf dem Schwalbe-Treffen in Aschau (Oktober 1997) vorgestellt habe. Mit Teilsymmetrie ist gemeint, dass nur ein Teil der Diagrammstellung oder nur bestimmte Teile der Lösung den Gedanken der Symmetrie verkörpern.
Nun zum ersten Vergleich. Die Originalfassung (Diagramm I)

I  Hans Selb
656 Hamburger
Problem-Nachrichten
IX-X/1950








#2

l. Df7? oder Dg7/Kf8? (droht 2. Db7#) Df2/Lf2/Sxb4 2. Sxd6/Sc3/Ta5#, 1. ... Lxb4!; 1.Dgl! (droht 2. Sc7#) Df2/Lf2/Sd4 (Se3)/c5/e3/f2 2. S:d6/Sc3/Sa3/Ld7/Ld3/ Df1#.
zu der Nr.5 meines Buchs ist vor ungefähr 50 Jahren entstanden und unter völlig anderen Gesichtspunkten komponiert worden. Es ging mir damals nur um die sechs Varianten mit Thema A. Wegen des zurechtstellenden Schlüssels, der sich bei diesem Schema wohl nicht vermeiden lässt, wollte ich die Aufgabe eigentlich gar nicht in meine Auswahl aufnehmen, bin aber jetzt froh, dass ich es doch getan habe, weil man anhand dieses Stücks gleich drei Termini des Buchs erläutern kann, nämlich Variation, Ornamentik und Teilsymmetrie.

II Hans Selb
5 Ästhetik und
Ornamentik2000








#2

l. Df7? oder Dg7/Kf8? (droht 2. Db7#) Df2/Lf2/Sxb4 2. Sxd6/Sc3/Ta5#, 1. ... Lxb4!; 1.Dgl! (droht 2. Sc7#) Df2/Lf2/Sd4 (Se3)/c5/e3/f2 2. S:d6/Sc3/Sa3/Ld7/Ld3/ Df1#.
Zunächst zum Begriff Variation, womit nichts anderes als das sonst gebräuchliche "Version" gemeint ist: Der Ba6 in Diagramm I könnte in der Bearbeitung entfallen, da 1. ...a5 die Drohung 2. Sc7# nicht pariert. Auf h7 sollte der König den dreifachen Fehlversuch l. Df7 Dg7/ Dh7 einschränken, doch war dies wegen des verbleibenden Duals nicht so wirksam wie die Versetzung des weißen Königs nach f7 und der Dame nach g7 (Diagramm II), wobei zur Sperrung der Diagonale al-g7 lediglich ein sBf6 hinzugefügt werden muss. Damit ist nicht nur der Dual beseitigt, sondern auch mit l. Kf8? ein attraktiver Trugschlüssel gefunden. Der Bh4 wurde nach h5 versetzt, weil ich aus heutiger Sicht, wenn nicht wichtige Gründe dagegen sprechen, Steine lieber auf weißen als auf schwarzen Feldern postiere.

Dann zur Ornamentik: Wie ich festgestellt habe, zeigt bereits die Urfassung alle einschlägigen Merkmale. Nur habe ich das seinerzeit nicht beachtet. Endpunkt dreier ornamentaler Figuren ist der schwarze König. Die Mattzüge des Lf5 bilden mit dem Mattfeld b5 das Quadrat f5-d3-b5-d7, die Mattzüge des Sbl ergeben zusammen mit demselben Mattfeld den Rhombus bl-a3-b5-c3. Hinzu kommt ein weiterer Rhombus durch die Züge des Se8 (Drohmatt 2. Sc7 und Matt 2. Sxd6 nach 1. ... Df2), nämlich e8-c7-b5-d6. Sbl, Kb5 und Lf5 sind die Eckpunkte eines rechtwinklig-gleichschenkligen Dreiecks, dessen Katheten von den weißen Bauern b3, b4 und d5 ergänzt werden und dessen Hypotenuse von Sc2 und Be4 nahezu ausgefüllt wird. Weniger leicht zu erkennen ist folgendes: Dadurch, dass die weiße Dame in der Variante 1. ...f2 das Feld f1 betritt, entsteht einerseits ein weiteres Quadrat (f1-b1-b5-f5), andererseits wird dieses Quadrat durch den Hinzug nach b5 in zwei weitere rechtwinkliggleichschenklige Dreiecke (f1-b1-b5 und f1-f5-b5) geteilt. Somit spielen bei dieser Aufgabe sämtliche Mattzüge im Hinblick auf die Ornamentik eine wichtige Rolle.

Schließlich zur Teilsymmetrie: Bei den Mattzügen des Lf5 ist die 5. Reihe die Symmetrieachse, bei denen des Sb1 die b-Linie und bei denen des Se8 die Linie e8-b5.

Ein Vergleich zwischen der Urfassung (Diagramm III)

III  Hans Selb
Die Schwalbe 1960








#2

1. c4? (dr. 2. De4 oder Sd3#) Dxc4!; 1. Db3 (droht 2. Te4#) Lb6/Lc6/Sf6 2.Ld6/Sg6/Lh6#, Nebenspiel 1. ... D pariert 2. S(x)d3#, 1. ... Dc4/Dxe2/Sxg4(Sf3+) 2. Dxc4/Sxe2/T(x)f3#

und der Neufassung der Nr 18 meines Buchs (Diagramm IV)

IV Hans Selb
5 Ästhetik und
Ornamentik2000








#2

l. Lf5! (droht 2.Te4#)Lb6/Lc6/Sf6 2.Ld6/Sg6/Lh6#
Nebenspiel 1. ...D pariert 2. S(x)d3# 1. ...Dc4/Dxe2 2. Txc4/Sxe2#

zeigt, dass die Verbesserung nicht im thematischen, sondern im technischen und ornamentalen Bereich liegt. Denn an den drei Hauptvarianten 1. ... Lb6 2. Ld6#, 1. ... Lc6 2. Sg6# und 1. ... Sf6 2. Lh6#, bei denen die gesamte Thematik einheitlich die 6. Reihe betrifft, ändert sich nichts, wohl aber am Erscheinungsbild der ersten fünf Reihen. Ausgangspunkt meiner Kritik an Diagramm III war die Tatsache, dass die starke weiße Dame offensichtlich abseits steht und nur durch 1. c4 oder 1. Db3 ins Spiel gebracht werden kann. Alle Versuche, diesen Mangel zu beheben, hatten lange Zeit keinen Erfolg, da die Stellung sehr anfällig für Nebenlösungen ist. Als ultima ratio bot sich an, die weiße Dame aus dem Spiel zu nehmen. Daraufhin ging alles überraschend schnell, und die Neufassung war gefunden. Durch die Versetzung des Te2 nach c3 und den Wegfall des thematisch nicht erforderlichen, ja eher störenden Sh2 konnten zwei andere Schwächen der Urfassung beseitigt werden, nämlich die fehlenden Satzmatts nach 1. ... Dxe2 und 1. ...Sxg4. Statt dessen gibt es jetzt infolge der Versetzung des Lg4 nach c8 ein Satzmatt nach 1. ...Dxc8, bei dem das Feld g4 von Weiß zurückerobert wird. Vor allem aber bietet die Neufassung Ornamentik in Reinkultur: Den drei gemischtfarbigen Offizierspärchen auf der 7. und 8. Reihe stehen die rein weißen Bauern- und Turmpärchen auf der 2.- 4. Reihe gegenüber. Außerdem ist das Mattquadrat des Lf8 und der Rhomhus des Sc1 zu beachten. Schließlich bilden die Standfelder der beiden weißen Läufer zusammen mit dem neuen Schlüssel das rechtwinklig-gleichschenklige Dreieck c8-f'8-f5. Daneben haben noch die beiden Turmmatts ornamentalen Charakter.

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